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AutorenbildTheresia Seyffert

Gruppendynamik unter Tieren

Heute möchte ich über das Thema: Gruppendynamik, sprechen.

Wie einige von euch bereits schon wissen, leben die Tiere hier auf dem Gnadenhof Luna, so frei wie möglich. Morgens werden alle Türe und Tore geöffnet und eine bunte Schar von vielen verschiedenen Tieren, darf sich im Freien und vorallem miteinander, aufhalten. Konkret heisst dies, dass, Schafe, Ziegen, Kühe, Pferde, Schweine, Hühner etc. alle frei auf dem Hof und den angrenzenden Ausläufen sich bewegen dürfen. Für viele ist dies ein ungewohnter Anblick, denn normalerweise sind die verschiedenen Tiergruppen getrennt. Immer wieder staunen die Leute, welche uns besuchen kommen, dass so eine gemischte Gruppe „funktioniert“.

Nun, sie tut es, sie funktioniert. Das aber ist nicht unbedingt selbstverständlich. Einerseits funktioniert es, weil wir ganz viel Zeit investieren, einzelne, beziehungsweise neu dazu gekommene Tiere, langsam und mit Bedacht in die bestehende Gruppe zu integrieren. Dies fängt mit einem Sichtkontakt an. Dazwischen ist z.B. eine Stalltüre, ein Gitter oder was auch immer. Dann ein „Beschnupperkontakt“, auch mit Gitter etc. dazwischen. Dieser Kontakt sagt uns dann schon mal ganz viel aus über den weiteren zeitlichen Verlauf der Integration. Also, müssen wir noch etwas warten, weil z.B. das oder die jeweiligen Tiere nervös reagieren, oder sind beide Seiten gelassen? Je nachdem können wir es mit einem direkten Kontakt versuchen. Selbstverständlich sind wir dabei, um sofort intervenieren zu können, sollte irgendetwas aus dem Ruder laufen.

Wenn wir dann feststellen, dass das Zusammenführen problemlos verlaufen wird, können wir die jeweiligen Tiere auch mal Momente alleine lassen. Alleine heisst für uns, dass wir uns zurück ziehen, aber via Videoüberwachung, das Ganze im Auge behalten. Dies ist sehr komfortabel, da wir die Gruppendynamik sehr gut beobachten können. Denn die Tiere fühlen sich nicht beobachtet und geben sich somit so, wie sie wahrhaftig sind.

Funktioniert etwas noch nicht so optimal, werden die Tiere wieder getrennt und neue Versuche starten am nächsten oder übernächsten Tag.

In der Regel schaffen wir es, Tiere von verschiedenen Arten, welche es nicht gewohnt sind zusammen zu leben, in wenigen Wochen, bis max. 2-3 Monaten, in eine bestehende Gruppe zu entlassen.

In dieser gemischten Tiergruppe findet dann jeder seinen Platz und die Gruppe entwickelt sich zu einer ruhigen und gelassenen, eigentlich natürlichen Tierfamilie. Man muss bedenken, dass in der Natur, also z.B. in einem Wald, auch all die verschiedenen Tiere frei leben. Da ist kein Tier irgendwie abgetrennt. So ist dies bei uns auch. Aber klar, bei unseren Vögeln leben natürlich keine Katzen. Einfach dass wir uns gut und richtig verstehen.

Trotz all dem Frieden in unseren Tiergruppen, kann die Gruppendynamik sich plötzlich verändern. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Tier wegstirbt, wenn sich Platzverhältnisse ändern, wenn ein „nicht kompatibles“ Tier dazu kommt etc. Solche Probleme hatten wir auch schon, mit unschönem Ausgang. Gerade im Moment sind wir umzingelt von einer riesigen Baustelle. Diese Bautätigkeit hat uns ganz viel Grundeigentum weggenommen und unsere Tiere auf einen sehr viel kleineren Platz zurück gedrängt. Das Resultat war, dass unser Stier Piccolo mit unserer Leitkuh Luna, nicht mehr auskommt. Ganz wüste Kämpfe waren die Folge, so dass wir die beiden langfristig trennen müssen. Das heisst Gitter zwischen den Ausläufen, gesichert mit Eisenketten, damit sich die beiden nicht mehr bekämpfen können. Das Gleiche gilt, wenn eines der Leittiere wegstirbt. Auch da kann es wieder zu Kämpfen kommen, bis die neue Ordnung und Hierarchie wieder hergestellt ist.

Dies gilt für die jeweiligen Tierarten, aber auch unter artfremden Tieren. So waren unsere beiden Ziegen, welche mit unserer verstorbenen Freiberger Stute Poppa im selben Stall lebten, gar nicht begeistert, als ein neues Pferd kam. Sie waren Poppa gewöhnt und waren erst mal beleidigt, dass jetzt ein Fremdling in ihrem Stall wohnt. Da gab es auch Unruhe, bis ich ein Machtwort sprechen musste und alle mal darüber nachzudenken hatten, dass es nur im Frieden funktioniert. Mittlerweile sind Ziegen und Pferd unzertrennbar.

Zusammengefasst möchte ich betonen, dass es sehr wichtig ist, dass man den Tieren Zeit lässt und zwar so viel, wie sie halt brauchen und das ist individuell, dass das Beobachten da A und O ist und man sich die Zeit dafür unbedingt nehmen muss. Durch unser Beobachten können wir uns einerseits auf die jeweiligen Tierbedürfnisse viel besser einlassen, wir können kritische Situationen entschärfen, Futterstellen optimaler einrichten und/oder verteilen, den Tieren ganz allgemein optimale Bedingungen schaffen, damit sie ein entspanntes Leben geniessen können und ganz nebenbei lernen wir die Tiere bestens kennen. Das Beobachten funktioniert bei uns so: entweder wir laufen mit der Herde mit, oder setzen uns in eine Ecke und schauen zu, oder stellen einen Stuhl in den Stall und sind ganz einfach mal mit und bei dem Tier, oder schauen aus der Ferne entweder mit Fernglas oder via Videoüberwachung dem Herdentreiben zu. Interessant dabei ist auch das Interagieren von artfremden Tieren untereinander. Man unterstellt ja den Tieren gerne, dass sie dumm seien und so weiter. Da widerspreche ich vehement. Tiere sind sehr wohl in der Lage, eine andere Sprache zu verstehen. So kann unser Schwein Sophie sich bestens mit ihrer Freundin der Kuh Luna, unterhalten. Sie verstehen sich ohne Probleme. Solches zu beobachten und zu erfahren macht richtig Spass und Freude.

Ich hoffe, dass ich euch heute mit diesem Beitrag einen weiteren Einblick in die Tierwelt eines Gnadenhofes geben konnte und verabschiede mich bis zu einem nächsten Mal. Eure Theresia.


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